Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung (Nutzung der Homepage der Schule)

FörderinstrumentSekundarstufe
Hinweis:
Die Beschreibungen, die Sie hier finden, dokumentieren Materialien, die in der BISS-Laufzeit von 2013 bis 2019 in der Regel aus der Praxis heraus von Verbundteilnehmerinnen und -teilnehmern zur Erreichung ihrer Förderziele entwickelt bzw. weiterentwickelt wurden. Eine wissenschaftliche Prüfung dieser Materialien ist aufgrund des oft kleinen Einsatzgebiets oder einer bislang nicht abgeschlossenen Weiterentwicklung vom Trägerkonsortium nicht durchgeführt worden.

Kurzbeschreibung

Kosten: abhängig von den Erkundungsorten.

Das Tool Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung dient dem Aufbau von Lese- und Schreibmotivation und dem Abbau von Vermeidungstendenzen im Umgang mit der Schriftsprache. Das Tool kann in der Sekundarstufe I eingesetzt werden. Es bietet viele unterschiedliche Anregungen zum Lesen und Schreiben sowie Möglichkeiten der individualisierten Aufgabenstellung. Die Schülerinnen und Schüler können eigene Interessen und Ideen einbringen und verwirklichen. Sie erkennen unmittelbar ein für sie bedeutsames Ergebnis ihrer Anstrengungen beim Lesen und Schreiben. Das Tool verfügt daher über einen hohen Motivationscharakter. Der Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung wurde für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb entwickelt und kommt im Projektunterricht zum Einsatz. Die Gruppe trifft sich im Rahmen der Förderung 60 Minuten pro Woche. Für die Exkursionen, bei denen die Freizeitaktivitäten von den Schülerinnen und Schülern erkundet und erlebt werden, werden zusätzliche Termine vereinbart, die außerhalb des Unterrichts liegen.

Je nach Gruppe, Kosten und Interessensgebieten werden in der Regel von den Jugendlichen bis zu vier Exkursionen pro Schuljahr - ausgehend von ihren Interessen - mit Unterstützung der Lehrerin bzw. dem Lehrer und der sozialpädagogischen Fachkraft organisiert.

Welches Ziel hat das Tool?

Das Tool Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung ist ein Fördertool, das sich an Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I richtet. Es eignet sich für den Einsatz in den Modulen S2 „Lese- und Schreibstrategien im Verbund vermitteln“ und S3 „Selbstreguliertes Lesen und Schreiben“. Das Tool soll die Lese- und Schreibmotivation sowie -kompetenz verbessern und die Fähigkeiten in den Bereichen des Argumentierens und Präsentierens vertiefen.

Für welches Vorhaben kann das Tool eingesetzt werden?

Das Fördertool Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung kann in der Sekundarstufe I im Projektunterricht zur Förderung von Lese- und Schreibmotivation und -kompetenz eingesetzt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen mit Hilfe des Tools einerseits ihre Lese- und Schreibmotivation erhöhen und Vermeidungstendenzen abbauen. Andererseits sollen Lese- und Schreibkompetenz, d. h. das Leseverständnis, die Lesegeschwindigkeit, die Rechtschreibung, der Adressatenbezug, das Formulieren in ganzen Sätzen, die Erhöhung der Textlänge, das genaue Beschreiben und das präzise Formulieren verbessert werden. Zudem sollen Fähigkeiten wie Argumentieren und Präsentieren vertieft werden. Das Tool ist im Projektunterricht für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb, mit geringer Lese- und Schreibmotivation und ungünstigem (schulischen) Selbstkonzept entwickelt worden. Es kann aber prinzipiell auch im Regelunterricht mit allen Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden.
Mehrsprachigkeit kann berücksichtigt werden, indem Texte oder Textteile in verschiedenen Sprachen geschrieben werden.

Wie funktioniert das Tool?

Jugendliche haben Hobbys und Fähigkeiten, die sie im schulischen Alltag oft nicht nutzen können. Sie stellen im Projekt ihre Stärken und Interessen vor und überzeugen ihre Mitschüler, diese Freizeitaktivität gemeinsam kennenzulernen. Dazu gehörten bislang zum Beispiel Eishockey, Loom-Bänder, Boldern, Skaten, Mangas, Kochen, Museum, Kino, eigene Geschichten, Jugendbücher. Die Jugendlichen bekommen im Rahmen einer Projektarbeit ein Angebot mit unmittelbarem Bezug zu ihrer Lebenswelt. Das Lesen und Schreiben eröffnet Wege zu (sinnvollen) Freizeitbeschäftigungen. So müssen Orte und Aktivitäten vorgestellt; Wegbeschreibungen, Interviews und Erlebnisberichte verfasst und Inhalte präsentiert werden.

Die Kleingruppe in der Projektarbeit bietet einen sozialen Rahmen, in dem die Schülerinnen und Schüler Vertrauen (auch in die eigenen Fähigkeiten) gewinnen. Um dieses zu erreichen, ist dem eigentlichen Projekt die Phase „Ich- Du- Wir“ vorangestellt.

1. Ich-Du-Wir

  • Ich bin ein Checker im ... (hier werden Stärken des Einzelnen genannt)
  • Kennenlernen: Partnerinterviews durchführen und präsentieren
  • Gemeinsame Regeln des Umgangs erarbeiten (Gesprächsregeln, Fehlerfreundlichkeit)

2. Der Freizeitguide

  • Projekt vorstellen
  • Arbeit gemeinsam planen
  • Spannende Orte recherchieren (Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit)
  • Präsentation des eigenen Ortes vorbereiten:
    Aktivität, Anfahrtswege, Kosten, Dauer der Aktivität, Sicherheitsbestimmungen, Altersbeschränkung, nötige Vorkenntnisse (Plakat, PowerPoint, Film, …)
  • Präsentation aller Orte und Einigung der Gruppe auf ein Ziel pro Halbjahr
  • Vorbereitung der Erkundung:
    Anschreiben an Veranstalter (ggf. Bitte um Vergünstigung gegen Bericht auf Homepage der Schule), Elternbrief, Wegschreibung, Busverbindung, Kleingruppenbildung, Vereinbarungen zum Verhalten, Interviewfragen, Dokumentationsteam (Foto, Film)
  • Durchführung der Erkundung:
    Erleben, Erkunden und Dokumentieren
  • Nachbereitung der Erkundung:
    Erlebnisbericht, Reportage, Filmschnitt, Beiträge für die Homepage, Dankesschreiben an Veranstalter, Präsentation für das Text-Checker-Schülertreffen, ggf. Bericht in Gremien der Schule

Was wird benötigt, um das Tool umzusetzen?

Material: Fehlertexte, um Strategien zum Überarbeiten zu entwickeln und zu festigen, gelungene Beispiele für sämtliche Textformen (mittlerweile stehen diese aus den Vorjahren zur Verfügung), Internet-Zugang für die Recherche, Fotoapparat, Kamera, Homepage der Schule

Schulung: Das Tool kann von Lehrkräften ohne spezielle Fortbildung durchgeführt werden. Kollegialer Austausch zu Erfahrungen mit dem Tool ist gewinnbringend für die Arbeit.

Kosten: Diese sind abhängig von den Orten (viele Veranstalter sind bereit, einen Preisnachlass zu gewähren, wenn die Jugendlichen ihr Projekt vorstellen).

Personelle Ressourcen: Die Arbeit im Team ist bei diesem Tool empfehlenswert. Bindungsfähigkeit und eine fehlerfreundliche und ressourcenorientierte Haltung der Lehrkräfte sind eine wünschenswerte Voraussetzung für die erfolgreiche Projektarbeit.

Dauer und Häufigkeit der Durchführung: Die Dauer und Häufigkeit der Durchführung ist abhängig vom Projektumfang. Die Exkursionen sind, abhängig von den gewählten Orten, halbtägig oder ganztägig.

Dauer der Vor- und/oder Nachbereitung: regelmäßige Kontrolle der Schülertexte zur Erarbeitung von Hilfen zur Verbesserung, darüber hinaus: abhängig von den Themen und Orten des Freizeitguides.

Wie ist das Tool a) theoretisch b) empirisch fundiert?

a) theoretische Fundierung

Das Tool Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung ist im Rahmen des Bielefelder Projektes „Text-Checker“ an der Realschule Senne von den Lehrerinnen Christine Eichert und Meike Sundermann im Schuljahr 2007/2008 konzipiert worden und wird seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Impulse geben ebenfalls die wechselnden pädagogischen Fachkräfte des Projektes „Text-Checker“.

Das pädagogische Konzept des Projektes „Text-Checker“, in dessen Praxis das Tool entwickelt wurde, orientiert sich an Ergebnissen von Forschungen zu Schriftspracherwerb von Kindern und Jugendlichen unter erschwerenden Bedingungen, vor allem von Kretschmann (2002, 2006) und Nickel (2004).

Die Ergebnisse der Forschungen und die Ableitung für die schulische Praxis fasst folgendes Zitat zusammen: „Wenn zutrifft, was als Ursache für funktionalen Analphabetismus angenommen wird: schwierige soziale Verhältnisse (…) als von Kindern erlebte Unsicherheit, eingeschränkte Erfahrungen im Umgang mit Schrift (…), in der Folge davon ein mangelndes Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, vor allem was Anforderungen betrifft, wie sie in der Schule gestellt werden, dann besteht die Aufgabe und die Chance von Schule darin, Erfahrungen mit der Schrift anzubahnen, die Fähigkeiten der Kinder herauszufordern und zu bestätigen und sie Sicherheit erleben zu lassen im sozialen Kontext der Schule“ (Dehn, 1996, zitiert nach Nickel, 2004, online-Quelle, S. 1).

Entsprechend ist ein Baustein der Projektarbeit, die subjektive Bedeutung von Lesen und Schreiben in den Fokus zu stellen und das Lernumfeld an die kognitiven, motivationalen und emotionalen Strukturen der Schülerinnen und Schüler anzupassen. Für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Benachteiligungen im Schriftspracherwerb sind in erster Linie nicht die Strukturprinzipien der Schrift interessant, sondern die Inhalte, die durch die Schrift vermittelt werden (Nickel, 2004).

Die Schülerinnen und Schüler sollen in einen „Aversions-Neigungs-Konflikt“ (Kretschmann, 2003) gebracht werden, sie sollen mit subjektiv bedeutsamen Inhalten zur Schrift gelockt werden, so dass am Ende die Neigung zu lesen und zu schreiben stärker erlebt  wird als die Abneigung dagegen. Dies erfordert einen hohen Grad an Individualisierung der Angebote. Zudem ist es zur Schaffung und Aufrechterhaltung der Motivation wichtig, gerade bei misserfolgsorientierten Kindern und Jugendlichen neben dem subjektiven Erfolgsanreiz auch die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Gestaltung der Lernangebote zu berücksichtigten.

b) empirische Fundierung

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung (2008 – 2011) durch die Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaften der Universität Bielefeld wurde die Wirksamkeit der Arbeit im Projekt Text-Checker evaluiert. Die Evaluationsergebnisse zeigen positive Tendenzen bei der Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenz und des Selbstkonzeptes der beteiligten Schülerinnen und Schüler (Möller-Bach, Mundt & Pleiter,  2014). Der Effekt des konkreten Tools Freizeitguide für Jugendliche in der Schriftsprachförderung wurde nicht evaluiert.

Mit welchen anderen Tools ist dieses Tool kombinierbar?

An der Realschule Senne wird das Tool im 7. Jahrgang durchgeführt. Mit den Schülerinnen und Schülern des Jahrgangs 6 wird der Lesegeschwindigkeits- und -verständnistest für die Klassen 5-12 (LGVT 5-12+) als standardisiertes Verfahren am Ende des Schuljahres durchgeführt. Diese Ergebnisse, die Einschätzung der Lehrkräfte der Erprobungsstufe und Ergebnisse der Hamburger Schreibprobe 5-10 (HSP 5-10) aus dem Vorjahr werden bei der Bildung der Projektgruppe und der Planung der Projektarbeit berücksichtigt.

Alter: 11; 12; 13; 14; 15; 16; 17

Klassenstufe: 5; 6; 7; 8; 9; 10

Verbünde, die dieses Tool nutzen:

Links:

Homepage der Realschule Senne:
http://www.realschule-senne.de/txtch01.php [23.02.2021]

König, M., Selbstkonzept Schriftsprachkompetenzen – Eine Untersuchung im Projekt Text-Checker, 2010.
https://ki-bielefeld.de/155-TextChecker [23.02.2021]

Artikel „Funktionaler Analphabetismus – Ursachen und Lösungsansätze hier und anderswo“ von Nickel (2002). Dieser Artikel ist die schriftliche Ausarbeitung des gleichnamigen Vortrags vom 30.05.2002 – hier als PDF-Dokument:
https://elib.suub.uni-bremen.de/publications/ELibD890_Nickel-Analphabetismus.pdf [23.02.2021]

Literaturhinweise

Döbert, M. & Hubertus, P. (2000). Ihr Kreuz ist die Schrift: Analphabetismus und Alphabetisierung in Deutschland. Stuttgart: Klett.

Kretschmann, R. (2002). Störungen beim Schriftspracherwerb - Ursachen und Prävention aus systemischer und entwicklungsökologischer Sicht. In H. Bartnitzky, H. Balhorn, I. Buechner & A. Speck-Hamdam (Hrsg.), Sprachliches Handeln in der Grundschule: Schatzkiste Sprache 2 (S. 54-78). Frankfurt: Arbeitskreis Grundschule.

Kretschmann, R. (2006). Auf Umwegen zum Ziel. Motivierende Lese- und Schreibförderung bei älteren Schülerinnen und Schülern. In A. Grotlüschen & A. Linde (Hrsg.), Literatlität, Grundbildung oder Lesekompetzen? (S. 42-47). Münster: Waxmann.

Kretschmann, R.,  Dobrindt, Y. & Behring, K. (2003). Prozessdiagnose der Schriftsprachkompetenz in den Schuljahren 1 und 2 (3. Aufl.). Persen: Horneburg.

Möller-Bach, C., Mundt, B. & Pleiter, R. (2014). Projekt „Text-Checker“. Lebensweltorientiert Schriftsprache entdecken. Friedrich Jahresheft XXXII 2014, 95-97.

Nickel, S. (2004). Schriftspracherwerb von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unter massiv erschwerenden Bedingungen. In G. Thomé (Hrsg.), Lese-Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) und Legasthenie. Eine grundlegende Einführung. (2. Erweiterte und verbesserte Auflage) (S. 86-106). Basel: Weinheim.

Letzte Änderung am: 23.02.2021

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