Bild: BiSS-Trägerkonsortium/A. Etges

Jahrestagung BiSS-Transfer 2020: Dokumentation

Im November 2020 fand die erste Jahrestagung der Initiative BiSS-Transfer zum Thema „Wer schreibt, bleibt“ statt. Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den einzelnen Programmpunkten, einen Videomitschnitt der Keynote und einzelne Präsentationen zum Download.

Auftakt für BiSS-Transfer: Am 16. und 17. November 2020 fand die erste Jahrestagung der neuen Bund-Länder-Initiative zur Verbesserung sprachlicher Bildung in Schulen und Kitas statt. Thema war die Förderung der Schreibkompetenz. Wie können Lehrkräfte, aber auch Bildungspolitik und -verwaltung Schülerinnen und Schüler gemeinsam dabei unterstützen, flüssig zu schreiben, Orthografie zu meistern, Sachverhalte schlüssig darzustellen, Texte zu produzieren – kurzum, ihre Schreibkompetenz bestmöglich zu entfalten? Darüber tauschten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Mitwirkende aus den Ländern aus.

Die Tagung fand vollständig digital statt – per Livestream, Chat, in digitalen Workshops und mit einer virtuellen Posterschau. Rund 250 Teilnehmende sahen den Livestream und beteiligten sich mit Fragen und Rückmeldungen im Chat. In kurzen Sequenzen wurde das Thema Sprache und Schreiben vom Improvisationstheater Frizzles humorvoll aufgegriffen. Am zweiten Tag boten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt acht Workshops an, in denen Wissen rund um die Entwicklung von Schreibkompetenzen vermittelt und über Ansätze zur Diagnostik und Förderung gesprochen wurde. Moderiert wurde die Tagung von Prof. Dr. Hans-Joachim Roth (Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache), der aus einem Aufnahmestudio in Köln durch das Programm führte.

Grußwort

Begrüßt wurden die Teilnehmenden von der KMK-Präsidentin Dr. Stefanie Hubig, die per Videobotschaft betonte, wie wichtig und gewünscht der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Schulpraxis sei, und damit auch eine Initiative wie BiSS-Transfer.

Mit der gemeinsamen Initiative von Bund und Ländern BiSS-Transfer greifen die Initiatoren eine wichtige Erfahrung der vergangenen Jahre auf. Wir stehen vor der Herausforderung, dass die Erkenntnisse aus der Wissenschaft ihren Weg in die schulische Praxis finden müssen. Als KMK-Präsidentin kann ich Ihnen versichern: wir wollen diesen Transfer. Wir wollen gemeinsam mit der Wissenschaft Lösungen finden, die unseren Lehrkräften in der Praxis helfen, damit am Ende die Schülerinnen und Schüler davon profitieren.

- Dr. Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz 2020

Keynote

„Schreibkompetenz gemeinsam entwickeln“ war der Titel der Keynote von Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek (Mercator-Institut für Sprach-förderung und Deutsch als Zweitsprache). Darin gab er Antworten auf grundlegende Fragen, zum Beispiel: Warum wird das Schreiben in BiSS-Transfer eigentlich zum Thema gemacht? Was bedeutet „Schreiben“ im schulischen Kontext überhaupt, und warum ist es schwierig? Wie entwickelt sich Schreibkompetenz? In seinem Vortrag ging Prof. Becker-Mrotzek unter anderem auf die Unterscheidung zwischen Schreibflüssigkeit und Schreibstrategien als zwei Teilkompetenzen des Schreibens ein. Wer flüssig schreibt, also motorische Routinen hat, die Orthografie beherrscht und flüssig formuliert, in dessen Arbeitsgedächtnis sind während des Schreibens Kapazitäten für weitere Prozesse frei. Etwa dafür, einen Absatz zu planen, in einem bestimmten Stil oder einer Textsorte zu schreiben oder einen Text zu überarbeiten. Diese Fähigkeiten werden unter dem Begriff „Schreibstrategien“ zusammengefasst.

Bild: BiSS-Trägerkonsortium/Annette Etges

Die Entwicklung von Schreibkompetenz erfordert gute Schreibaufgaben, die die Flüssigkeit schulen, Strategien vermitteln und herausfordernde Schreibanlässe bieten. Mittlerweise gibt es zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse, wie solche Aufgaben konkret aussehen sollten. Zentral ist, dass Lehrkräfte dieses Wissen für ihre Arbeit nutzen und den Schülerinnen und Schülern helfen, ihre Fähigkeiten im Schreiben zu verbessern.

- Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek

Hier finden Sie den Mitschnitt der Keynote von Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek.

In seinem Vortrag erläuterte er, dass das Schreiben ein komplexer und mehrjähriger Lernprozess ist und man ein Bündel an Teilfähigkeiten benötigt, die sich Schritt für Schritt entwickeln. Und er machte klar: Ansätze zur wirksamen Schreibförderung liegen vor – die Herausforderung ist deren Implementation in der Praxis. Gute Schreibaufgaben spielen dafür eine wichtige Rolle.

 

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Gesprächsrunde

Warum die Implementation von Konzepten zur Schreibförderung eine Herausforderung ist, zeigte die anschließende Gesprächsrunde. Prof. Dr. Jörg Jost (Institut für deutsche Sprache und Literatur II, Universität zu Köln) machte klar: „Es ist nicht damit getan, dass die Wissenschaft ein Schreibförderverfahren empfiehlt, dessen wissenschaftliche Fundierung bestätigt ist, und dann wird es von Lehrkräften angewendet. Davor steht die schwierige Aufgabe des Transfers in die Praxis. Wir sind dabei auf die Kooperation von Schulen, der Bildungsadministration angewiesen – so wie wir es in BiSS schon intensiv gemacht haben.“

Birte Priebe vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg bestätigte, dass eine einzelne, motivierte Lehrkraft allein nicht ausreiche, um nachhaltig ein neues Konzept, beispielsweise zur Schreibförderung, an einer Schule einzuführen – dafür brauche es langfristig angelegte Projekte und zusätzliche Ressourcen für die Unterrichtsentwicklung. Hamburg realisiere solche Projekte bereits und setze dabei auf sogenannte Sprachlernberaterinnen und -berater in den Schulen, also Lehrkräfte mit einer zusätzlichen Multiplikatorenausbildung, die eine enge Anbindung an das Landesinstitut haben. Sie fungieren als Begleiterinnen und Begleiter in den Schulen, die solche Projekte moderieren und koordinieren – in Hamburg habe das bei der Leseförderung bereits gut funktioniert.

„Veränderungsprozesse passieren nicht von heute auf morgen, sondern erfordern viele kleine Schritte“, sagte auch Christiane Schüßler vom Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen. Auch an Schulen in Nordrhein-Westfalen arbeiten daher sogenannte Fachberaterinnen und -berater für Integration, die vor allem in der Grundschule die Unterrichtsentwicklung im Fach Deutsch und damit die sprachliche Bildung vorantreiben. Doch auch die gesamtschulische Entwicklung wird von sogenannten Beraterinnen und Beratern für interkulturelle Schulentwicklung langfristig begleitet. In Nordrhein-Westfalen, einem Flächenland mit insgesamt 5.500 Schulen, werden Maßnahmen zur sprachlichen Bildung dabei in ein Gesamtkonzept zur Förderung von Mehrsprachigkeit und interkultureller Bildung eingebettet. Das Land kann dabei auf langjährige Erfahrungen mit dem sogenannten Herkunftssprachlichen Unterricht zurückblicken, in dem die Familiensprachen von mehrsprachigen Kindern und Jugendlichen gefördert und auf deren gesamtsprachliche Kompetenzen aufgebaut wird. Prof. Dr. Jörg Jost begrüßte die Maßnahmen der beiden Länder: „Es gibt schon viele intensive Zusammenarbeiten zwischen Wissenschaft, Administration und Praxis – die Begleitung durch Fach- oder Sprachlernberaterinnen und -berater trägt dabei zur Kontinuität bei.“

BiSS-Transfer im Blick

Was gibt es Neues in BiSS-Transfer? Johanna Grießbach aus dem Trägerkonsortium informierte abschließend über den aktuellen Stand der Initiative, über neue Publikationen, die Blended-Learning-Kurse und die Tool-Datenbank. Dr. Sofie Henschel (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, Berlin) präsentierte außerdem das Forschungsnetzwerk BiSS-Transfer, das in den nächsten Jahren den Transfer von Konzepten zur sprachlichen Bildung in Zusammenarbeit mit den Ländern und Schulen erforschen wird.

Workshops

In acht digitalen Workshops wurden am zweiten Tag der Jahrestagung verschiedene Aspekte des Schreibens bzw. der Schreibförderung und ihres Transfers in den Unterricht thematisiert:

Workshop 1: Rechtschreiberwerb im Anfangsunterricht: Förderdiagnostische Erwerbsstandsbestimmung mithilfe der ILeA-Bilderliste
Dr. Carola Schnitzler, Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
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Workshop 2: Schreibflüssigkeit diagnostizieren und fördern
Dr. Valerie Lemke, Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache

Workshop 3: Individualisierter Orthographieunterricht in mehrsprachigen Lerngruppen
Prof. Dr. Anne Berkemeier, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Workshop 4: Schreibkompetenzen messen
Dr. Ann-Kathrin Hennes, Universität zu Köln und Jun.-Prof. Dr. Markus Linnemann, Universität Koblenz-Landau
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Workshop 5: Schreibstrategien wirksam vermitteln
Michaela Mörs und Ruth Görgen, Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
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Workshop 6: Schreibkompetenz von mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern fördern
Daniela Wamhoff, Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
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Workshop 7: Schreibkompetenzen im Fachunterricht fördern
Dr. Sabine Stephany, Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache

Workshop 8: Schreiben mit digitalen Medien
Jun.-Prof. Dr. Nadine Anskeit, Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Die Abstracts zu den Workshops können Sie im Programmheft einsehen (zum Download unten auf dieser Seite)

Posterschau

In einer virtuellen Posterschau konnten die Teilnehmenden Einblicke in die Verbundarbeit gewinnen.

Sollten Sie Fragen zur Veranstaltung haben, wenden Sie sich bitte an:

Claudia Pietsch, claudia.pietsch@mercator.uni-koeln.de

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