Dreiteiliger NZL*-Diagnostikfahrplan Lesen macht stark Sek. I (*Niemanden zurück lassen)

DiagnoseSekundarstufe
Hinweis:
Die Beschreibungen, die Sie hier finden, dokumentieren Materialien, die in der BISS-Laufzeit von 2013 bis 2019 in der Regel aus der Praxis heraus von Verbundteilnehmerinnen und -teilnehmern zur Erreichung ihrer Förderziele entwickelt bzw. weiterentwickelt wurden. Eine wissenschaftliche Prüfung dieser Materialien ist aufgrund des oft kleinen Einsatzgebiets oder einer bislang nicht abgeschlossenen Weiterentwicklung vom Trägerkonsortium nicht durchgeführt worden.

Kurzbeschreibung

Kostenlos. (Details)

Der Dreiteilige NZL-Diagnostikfahrplan ist ein Tool, mit dem die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe in den Klassen 5 bis 8 in drei Verfahrensschritten erfasst wird. Im ersten Schritt des Verfahrens nehmen Lehrkräfte zu Schuljahresbeginn eine vorläufige Einschätzung der Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern vor. In diesem ersten Schritt sollen sog. Risikoschülerinnen und -schüler identifiziert werden, deren Lesekompetenz auf oder unter der Lesekompetenzstufe I nach der Einteilung durch das PISA-Konsortium liegt. Der zweite Schritt besteht aus einer lernprozessbegleitenden Diagnostik, die auf Grundlage eines Beobachtungsbogens erfolgt und eine fortlaufende Beobachtung der Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern beinhaltet. Der dritte Schritt umfasst eine Einschätzung der Lesekompetenz mithilfe standardisierter Lesekompetenztests.

Welches Ziel hat das Tool?

Das Tool Dreiteilige NZL-Diagnostikfahrplan ist ein Diagnostik-Tool zur Erfassung der Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern der 5. bis 8. Klasse, welches in Modul S4 „Sprachliche Bildung in fachlichen Kontexten“ eingesetzt werden kann. Der Dreiteilige NZL-Diagnostikfahrplan passt jedoch auch zu anderen Modulen, beispielsweise dem Modul S1 „Diagnose und Förderung der Leseflüssigkeit“. Sogenannte „Risikoschüler und –schülerinnen“ werden mit dem Ziel ermittelt, sie rechtzeitig und gezielt fördern zu können. Einem späteren möglichen Schulabbruch und mangelnde Anschlussperspektiven will man so vorbeugen oder verhindern.

Für welches Vorhaben kann das Tool eingesetzt werden?

Der dreiteilige NZL-Diagnostikfahrplan kann unterrichtsintegriert in der Sekundarstufe bei Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 8 eingesetzt werden, um zu erkennen, wessen Leistungen signifikant über oder unter dem Durchschnitt liegen. Das Tool bietet außerdem Unterstützung bei der Ermittlung möglicher Ursachen. Die drei diagnostischen Schritte des Verfahrens (Grobeinschätzung, prozessbegleitende Diagnostik und Tests) bilden die Grundlage für individualisierte Maßnahmen zur Förderung der Lesekompetenz. Mehrsprachigkeit wird vor allem im zweiten Teil des Verfahrens zur lernprozessbegleitenden Beobachtung berücksichtigt. Das geschieht zum Beispiel bei der Sicherung der Buchstaben-Laut-Verbindungen in der Herkunfts- und in der Zweitsprache. Hierzu gibt es in einem Beobachtungsbogen (s. auch Wie funktioniert das Tool?) die Beobachtungsfrage „Kennt sie/er jede Buchstaben-Lautverbindung der Druckschrift, der in der Klasse verwendeten Schreibschrift, ggf. der Herkunftssprache?“

Wie funktioniert das Tool?

Das Tool dreiteiliger NZL-Diagnostikfahrplan ist ein Verfahren, das in drei aufeinanderfolgenden Schritten Beobachtung und Tests zur Ermittlung der Lesekompetenz verknüpft. Es ist ein Verfahren, das teilweise mit der Gruppe (Schritt 3 im Diagnostikfahrplan, Tests) teilweise aber auch bezogen auf einzelne Schülerinnen und Schüler im Gruppenverband durchgeführt wird (Schritt 1 im Diagnostikfahrplan, die Grobeinschätzung und Schritt 2, die prozessbegleitende Diagnostik).

Zu Beginn eines Schuljahres nehmen Lehrerinnen und Lehrer zunächst eine Grobeinschätzung der Lesekompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler vor (Schritt 1), und zwar auf der Basis der Kommunikation über gelesene Texte, z.B. in Form von Gesprächen über Gelesenes oder mit Hilfe schriftlicher Abfragen nach einer Stilllesezeit. Die schriftlichen Abfragen können beispielsweise Mehrfachwahlaufgaben, Zuordnungsaufgaben oder auch Richtig-Falsch-Aufgaben sein. Als Unterstützung für solche schriftlichen Abfragen stehen informelle Tests zur Verfügung. Die Grobeinschätzung dient dazu, sog. Risikoschülerinnen und Risikoschüler zu identifizieren, also Schülerinnen und Schüler mit erhöhtem Unterstützungsbedarf, der unterschiedliche Ursachen haben kann. Bezogen auf die Kompetenzstufen des PISA Konsortiums geht die Lesekompetenz dieser Schülerinnen und Schüler kaum über die Lesekompetenzstufe I hinaus. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten haben, explizit angegebene Informationen in einfachen Texten zu finden, den Hauptgedanken in einem Text über ein vertrautes Thema zu erkennen, obwohl dieser im Text auffällig platziert ist, und Verknüpfungen zwischen Informationen aus dem Text und allgemeinem Alltagswissen herzustellen. Die Grobeinschätzung führt in der Regel die Deutschlehrkraft durch. Einschätzungen von Kolleginnen und Kollegen können in das Urteil einfließen. Die Einschätzung soll halbjährlich aktualisiert werden, da sie lediglich einen jederzeit korrigierbaren ersten Eindruck liefert.

Der zweite Schritt im NZL-Diagnostikfahrplan besteht in der lernprozessbegleitenden Diagnostik. Ob der zweite Schritt mit allen oder nur mit Kindern, die ein Risiko in der Leseentwicklung aufweisen, durchgeführt wird, steht den Lehrkräften frei. Da die lernprozessbegleitende Diagnostik jedoch sehr aufwändig ist, werden vorrangig die Leseschwachen beobachtet, um Rückschlüsse über mögliche Barrieren und sich daraus ergebende Förderansätze zu ermöglichen. Dafür steht Lehrkräften ein „Lernbeobachtungsbogen Lesen“ zur Verfügung, der ein Raster für die Beobachtung liefert. Hier werden Fragen vorgegeben, die sich auf die Lesemotivation von Schülerinnen und Schülern, ihr Leseverstehen, ihre Technik beim Lautlesen sowie ihren Einsatz von Lesestrategien beziehen. Ein Beispiel für den Bereich der Beobachtung von Lesemotivation ist „Geht sie/er (z. B. in der Freiarbeit) von sich aus an Texte heran? An welche (nicht)?“ Im Bereich des Leseverstehens wird beispielsweise gefragt: „Kann sie/er in der Anschlusskommunikation den Textinhalt wiedergeben?“ Ein Beispiel aus dem Bereich der Lautlesetechnik ist: „Liest sie/er auffallend langsam, auffallend hastig, stockend, buchstabenweise, flüssig, genau, flüchtig, gut verständlich?“ Für die Beobachtung des Einsatzes von Lesestrategien lautet eine Beispielfrage: „Macht sie/er Randnotizen?“

Im dritten Schritt des NZL Diagnostikfahrplans werden standardisierte Testverfahren im Klassenverband mit allen Kindern der Klasse als Gruppentestung eingesetzt, die sich an Kompetenzen orientieren, wie sie in den Bildungsstandards (s. Links) genannt werden. Die Vorgabe der Testaufgaben lief in der Vergangenheit über Testhefte, ist jetzt jedoch auch online möglich. Es stehen standardisierte Tests für die Klassen 5, 6, 7, und 8 zur Verfügung. Die Testverfahren beinhalten zwei bzw. drei Bestandteile: einen Stolperwörtertest und einen Test zum Leseverstehen sowie für Klassenstufe 5 einen Lückentest. Die Gesamtzeit für die Durchführung aller Testteile beträgt ca. 60 Minuten. Empfohlen wird für die Testvorgabe einen ritualisierten Testzeitraum im Jahresplan festzulegen, beispielsweise Anfang Februar bzw. in Anbindung an die VERA-Termine (VERA = Abkürzung für „VERgleichsArbeiten“, s. auch Links).

Nach der Online-Eingabe der Ergebnisse erhalten Lehrkräfte eine automatische Rückmeldung auf Individual-, Klassen- und (bislang nur in Schleswig Holstein) auf Landesebene. Die Testergebnisse sind der Ausgangspunkt für Fragestellungen in Bezug auf zu fördernde Bereiche, für die genaue Beobachtung, für Einzelgespräche und individuelles Feedback.

Was wird benötigt, um das Tool umzusetzen?

Material: Zu dem Tool gehören ein Beobachtungsbogen und ein Testzugang, der die Teilnahme am Online-Verfahren und den Zugang zu den Materialien ermöglicht.

Schulung/Fortbildung: Das Verfahren ist selbsterklärend. In Schleswig Holstein wurden jedoch in der Vergangenheit dazu Module im Rahmen von Fortbildungen und Online-Fortbildungen durchgeführt.

Kosten: Für Schulen in Schleswig Holstein entstehen keine Kosten; Kooperationen mit anderen Bundesländern sind möglich.

Personelle Ressourcen: Die Durchführung kann durch die unterrichtende Lehrkraft erfolgen, im Idealfall wird sie stundenweise durch einen Lesecoach unterstützt.

Dauer der Durchführung/Auswertung: Die standardisierten Tests in der dritten Phase des Diagnostikfahrplans dauern 60 Minuten. Die Auswertung erfolgt automatisch. Die Eingangseinschätzung und die begleitende Diagnostik sind variabel.

Zugänglichkeit: Das Verfahren ist erhältlich beim Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig Holstein. Rückfragen zu Nutzungsbedingungen bitte an timo.off@iqsh.landsh.de. Gegebenenfalls müssen die Rechte Dritter erfragt oder bezahlt werden. Leicht lösbar ist dies, wenn eine Nutzung auf Landesebene und nicht durch Einzelpersonen gewünscht wird.

Wie ist das Tool a) theoretisch b) empirisch fundiert?

a) theoretische Fundierung

Der Dreiteilige NZL-Diagnostikfahrplan wurde von Dr. Ramm mit dem Team des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) in Kooperation mit Prof. Köller (IPN, Kiel) und Prof. Möller (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) sowie Christiane Frauen (IQSH) mit ihrem Fortbildungsteam ab 2006 entwickelt und jeweils jahrgangsweise für die Klassenstufen 5 bis 8 aufgebaut. Eine Weiterbearbeitung erfolgte durch Dr. Désirée Burba und Timo Off am IQSH (einige Testteile wurden durch selbst produzierte ersetzt und die Nutzbarkeit als Onlinetest erarbeitet). Der prozessbegleitende Beobachtungsbogen basiert auf dem Lesekompetenzbegriff (Groeben & Hurrelmann, 2006), auf Entwicklungsmodellen (Stufenmodelle, s. u. a. von Wedel-Wolff, 2004) und daraus abgeleiteten Items zahlreicher Überprüfungsverfahren (Brinkmann & Brügelmann, 1993; Brügelmann & Brinkmann, 1998; Günther, 2003; Kretschmann, Behring & Dobrindt, 1999; Schurad, Schumacher, Stabenau & Thamm, 1997). Die Konstruktion der standardisierten Tests (dritter Schritt des Dreiteiligen NZL*-Diagnostikfahrplan, s. Wie funktioniert das Tool?) stützt sich auf die Lesekompetenzstufen des PISA-Konsortiums und die Bildungsstandards (s. Links). Es werden auch Aufgaben der Vergleichsaufgaben aus dem Aufgabenpool VERA genutzt.

b) empirische Fundierung

Zum diagnostischen Gesamtkonzept des Dreiteiligen NZL*-Diagnostikfahrplan Lesen macht stark Sek. I liegt keine empirische Fundierung vor. Das heißt, es gibt keine Daten dazu, wie objektiv oder zuverlässig die Lesekompetenz diagnostiziert werden kann, wenn alle drei Schritte des Diagnostikfahrplans durchgeführt werden (1. Grobeinschätzung, 2. Prozessbegleitende Diagnostik, 3. Testverfahren: Stolperwörtertest, Test zum Leseverstehen, Lückentest). Die Testverfahren des dritten Schrittes sind teilweise auf wissenschaftliche Gütekriterien hin überprüft. So kann der Stolperwörtertest als reliabel, objektiv und valide bezeichnet werden (vgl. Brügelmann, 2003), wenngleich sich die Untersuchungen zu diesen Kriterien auf eine relativ kleine Stichprobe stützen und der Test nicht normiert wurde. Es existieren jedoch Vergleichstabellen mit Prozentrangwerten, die aus freiwilligen Rückmeldungen von Lehrerinnen und Lehrern, die den Test in ihrer Klasse nutzen, stammen. Die Aufgaben in dem Test zum Leseverstehen stammen aus „VERA“ und sind somit in mehreren Bundesländern erprobt und auf ihre sogenannten „Itemcharakteristika“ untersucht (z.B. wie gut unterscheidet ein einzelnes Item zwischen Personen mit einer hohen und einer geringen Kompetenzausprägung). Zum Gesamtprojekt „Niemanden zurücklassen“, in dessen Rahmen der Dreiteilige NZL*-Diagnostikfahrplan Lesen macht stark Sek. I eingesetzt wird, liegen positive Evaluationsergebnisse vor (vgl. Links). Die wissenschaftliche Begleitung des Projektes „Niemanden zurücklassen“, erfolgte durch Dr. Gesa Ramm (IQSH), Prof. Dr. Olaf Köller (IPN, ehemals IQB), Prof. Dr. Jens Möller (CAU zu Kiel). Berichte zur Evaluation des Projekts aus den Jahren 2009, 2010 und 2011 zeigen im Vergleich zu Schulen aus der sog. LISA-Studie (Lesen in der Sekundarstufe) und zu Vergleichsschulen stärkere Kompetenzzuwächse, wobei zwischen den Schulen des „Niemanden zurücklassen“-Projekts erhebliche Unterschiede im Kompetenzzuwachs auftraten.

Alter: 11; 12; 13; 14; 15

Klassenstufe: 5; 6; 7; 8

Verbünde, die dieses Tool nutzen:

Links:

Informationen und Erläuterungen zu den Bildungsstandards
https://www.kmk.org/themen/qualitaetssicherung-in-schulen/bildungsstandards.html [223.02.2021]

VERA - Vergleichsarbeiten in Schleswig Holstein
https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/IQSH/Arbeitsfelder/Schulentwicklung/vera.html [22.02.2021]

Informationen über den Dreiteiligen NZL*-Diagnostikfahrplan Lesen macht stark Sek. I
https://nzl.lernnetz.de/ [22.02.2021]

Evaluationsberichte zum Projekt „Niemanden zurücklassen“
https://nzl.lernnetz.de/index.php/Evaluation.html [22.02.2021]

Literaturhinweise

Brinkmann, E. & Brügelmann, H. (1993). Ideen-Kiste Schriftsprache 1. Hamburg: Verlag für pädagogische Medien.

Brügelmann, H. (2003). Lese-Untersuchung mit dem Stolperwörter-Test. Abschlussbericht 1 des Projekts LUST-1. Verfügbar unter: https://biss-sprachbildung.de//pdf/Stolperwoerter-Test_Abschlussbericht_Projekt_LUST-1_Bruegelmann_2003.pdf [22.02.2021]

Brügelmann, H. & Brinkmann, E. (1998; 2. Aufl. 2005). Die Schrift erfinden – Beobachtungshilfen und methodische Ideen für einen offenen Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben. CH-Lengwil: Libelle.

Groeben, N. & Hurrelmann, B. (Hrsg.). (2006). Lesekompetenz: Bedingungen, Dimensionen. Weinheim: Juventa.

Günther, H. (2003). Sprachförderung. Die Fitnessprobe. Weinheim: Beltz Praxis.

Kretschmann, R., Behring, K., & Dobrindt, Y. (1999). Prozessdiagnose der Schriftsprachkompetenz (Vol. 8). Hamburg: Persen.

Schurad, H., Schumacher, W., Stabenau, I., & Thamm, J. (1997). Curriculum Lesen und Schreiben für den Unterricht an Schulen für Geistig- und Körperbehinderte. Oberhausen: Athena.

von Wedel-Wolff, A. (2004). Üben im Leseunterricht der Grundschule. Braunschweig: Westermann.

Letzte Änderung am: 22.02.2021

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