Lautleseprotokoll

DiagnosePrimarstufeSekundarstufe
Lautleseprotokolle sind informelle Verfahren. Sie können bei hinreichend standardisierter und reflektierter Anwendung Lehrkräften unterstützende Informationen über die Lesegeschwindigkeit und -genauigkeit als Komponenten der Leseflüssigkeit liefern, und zwar bei Kindern der Jahrgangsstufen 2 bis 10.

Bitte beachten Sie den Hinweis am Ende der Beschreibung.

Qualitätscheck als Diagnostik-Tool:
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Bildungsetappe Zielbereich Altersgruppe Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Erfüllung der Gütekriterien
Primar/ Übergang/ Sekundar 11 7 bis 15 grüner Punkt grüner Punkt blauer Punkt

Kurzbeschreibung

Preis: 29,95 Euro. (Details)

Beim Diagnosetool Lautleseprotokoll handelt es sich um ein informelles Screening zur Erfassung der Lesegeschwindigkeit und der Lesegenauigkeit als Komponenten der Leseflüssigkeit. Das Tool kann sowohl in der Primarstufe in den Klassen zwei bis vier als auch in der Sekundarstufe in den Klassen fünf bis zehn eingesetzt werden.

Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 07.05.2020

Welches Ziel hat das Tool?

Das Tool Lautleseprotokoll ist ein Diagnosetool, mit welchem die Leseflüssigkeit festgestellt werden kann. Das Tool kann in der Grundschule ab der zweiten Klasse eingesetzt werden und ist im Primarbereich dem Modul P3 „Diagnostik und Förderung der Leseflüssigkeit“ zuzuordnen. Auch in der Sekundarstufe kann das Lautleseprotokoll zur Erfassung der Leseflüssigkeit von besonders leseschwachen Schülerinnen und Schülern Anwendung finden. Hier wird es dem Modul S1 „Diagnose und Förderung der Leseflüssigkeit“ zugeordnet.

Für welches Vorhaben kann das Tool eingesetzt werden?

Beim Tool Lautleseprotokoll handelt es sich um ein Verfahren, das die Erfassung von Leseflüssigkeit ermöglicht. Es dient der Erfassung der Lesegenauigkeit, der Automatisierungsleistung sowie der Lesegeschwindigkeit und ist sowohl in der Primar- als auch in der Sekundarstufe (Klassen 2 bis 10) einsetzbar. Das Diagnosetool kann von der Lehrkraft im Unterricht angewendet werden. Das Lautleseprotokoll ist rasch durchführbar (ca. 1 Minute). Der Einsatz von Lautleseprotokollen kann die Grundlage für Maßnahmen zur Förderung der Leseflüssigkeit bilden (z.B. Lautleseverfahren; Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2013). Mehrsprachigkeit wird im Tool nicht berücksichtigt.

Wie funktioniert das Tool?

Mit Hilfe des Tools Lautleseprotokoll wird eine Einschätzung der Leseflüssigkeit bei Schülerinnen und Schülern in der Primar- und Sekundarstufe (Klassen 2 bis 10) ermöglicht.

Zur Diagnose der Leseflüssigkeit bittet die Lehrkraft eine Schülerin bzw. einen Schüler, ihr eine Minute lang einen Text vorzulesen. Es handelt sich also um ein Individualverfahren, das nicht mit der gesamten Gruppe gleichzeitig durchgeführt werden kann. Die Lehrkraft wählt hierzu einen Text aus, der in etwa der Lesekompetenz des jeweiligen Schülers bzw. der Schülerin entspricht. Während die Schülerin bzw. der Schüler den Text vorliest, stoppt die Lehrkraft die Zeit mit einer Stoppuhr und markiert während des Lesens nicht korrigierte Lesefehler sowie stockend gelesene Wörter auf einer Textkopie. Zum Markieren der Fehler verwendet die Lehrkraft vorher festgelegte Notationszeichen und kennzeichnet nach Ablauf der 60 Sekunden zudem die Stelle, die die Schülerin bzw. der Schüler jeweils erreicht hat.

Indem die Lehrkraft die Anzahl der gelesenen Wörter pro Minute abzählt, erhält sie Aufschluss über die Lesegeschwindigkeit der/des Lesenden. Rosebrock und Nix (2008) geben als Richtwert, welcher den Übergang zum flüssigen Lesen markiert, eine Lesegeschwindigkeit von etwa 100 Wörtern pro Minute an. Die Lesegenauigkeit ermittelt man durch das Zählen der markierten Lesefehler. Als Fehler gelten falsche Aussprachen, Wortumstellungen, Wortauslassungen sowie Ersetzungen, die den Sinn des Gelesenen verfälschen. Wiederholungen und Verlesungen, die selbst korrigiert werden, zählen jedoch nicht als Fehler. Die Lehrkraft kann durch die Anzahl der Fehler ermessen, wie genau gelesen wurde. Dabei gilt eine Lesegenauigkeit von ca. 95% als Voraussetzung für verstehendes Lesen (Rosebrock & Nix, 2008). Sind Lesegeschwindigkeit sowie Lesegenauigkeit als zufriedenstellend eingestuft, kann die Lehrkraft je nach Vorhaben zusätzlich die Intonationsfähigkeit erfassen, indem sie auf der Textkopie gesetzte Pausen markiert.

Aufgrund der schnellen Durchführbarkeit des Tools von unter zehn Minuten ist eine Einzeltestung auch im Unterrichtsalltag möglich, beispielsweise wenn die anderen Schülerinnen und Schüler der Klasse einen Arbeitsauftrag ausführen. Stellt die Lehrkraft bei den getesteten Kindern bzw. Jugendlichen einen Förderbedarf fest, kann sie Maßnahmen zur Steigerung der Leseflüssigkeit ergreifen (z.B. Lautleseverfahren wie das Lautlesetandem; Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2013). Das Lautleseprotokoll kann auch wiederholt eingesetzt werden, um den Lesefortschritt der Schülerinnen und Schüler zu dokumentieren.

Was wird benötigt, um das Tool umzusetzen?

Material: Zur Durchführung des Tools Lautleseprotokoll sollte die Lehrkraft eine Auswahl an Lesetexten unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade vorbereiten. Daneben benötigt die Lehrkraft eine Stoppuhr, um den Lesevorgang nach 60 Sekunden abbrechen zu können.

Eine genaue Beschreibung des Tools und dessen Durchführung sowie Materialien für die Testung finden sich im Buch „Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe“ von Cornelia Rosebrock, Daniel Nix, Carola Rieckmann und Andreas Gold (s. Zugänglichkeit).

Schulung/Fortbildung: Das Verfahren ist selbsterklärend.

Kosten: Das Buch „Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe“ von Rosebrock et al. kostet 29,95 Euro. Werden eigene/andere Texte für die Erstellung von Leseprotokollen genutzt, ist dies in der Regel kostenfrei, bis auf die zeitlichen Ressourcen für die Vorbereitung.

Personelle Ressourcen: Die Durchführung kann unterrichtsintegriert durch eine Lehrkraft erfolgen.

Dauer der Durchführung: Die Durchführung des Verfahrens dauert 60 Sekunden. Die Auswertung nimmt darüber hinaus weitere fünf Minuten in Anspruch.

Zugänglichkeit: Das Buch von Rosebrock et al. (2013) ist im Buchhandel erhältlich: ISBN-10: 3780010739.

Wie ist das Tool a) theoretisch b) empirisch fundiert?

a) theoretische Fundierung

Beim Tool Lautleseprotokoll handelt es sich um eine Variante des Verfahrens running record, das im angloamerikanischen Raum in den 1980er Jahren entwickelt wurde und in den USA weit verbreitet ist (Clay, 1993, 2000). Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur schnellen Erfassung der Lesekompetenz, bei welcher die Lehrkraft Lesefehler und Fehlertypen der Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer zeitlich begrenzten Leseprobe notiert. Running records werden u.a. dazu genutzt, Schülerinnen und Schüler bestimmten Stufen der Lesekompetenz zuzuordnen (vgl. Rathvon, 2004). Im deutschsprachigen Raum wurde die Methode von Rosebrock und Kollegen adaptiert (vgl. Rosebrock, Nix, Rieckmann & Gold, 2013).

Das Tool basiert auf der theoretischen Grundannahme, dass sich das Konstrukt der Leseflüssigkeit aus den Einzeldimensionen Lesegenauigkeit, Automatisierung, Lesegeschwindigkeit und Intonation zusammensetzt (vgl. Rosebrock & Nix, 2008). Das Konstrukt der Leseflüssigkeit wird im didaktischen Modell der Lesekompetenz von Rosebrock und Nix (2008) berücksichtigt. Das Modell beschreibt und differenziert verschiedene Ebenen der Lesekompetenz, die während des Leseprozesses ablaufen und miteinander interagieren. Im Modell wird auf diese Weise verdeutlicht, auf welchen Ebenen Maßnahmen zur Leseförderung ansetzen können. Neben der Prozessebene, die neben der Wort- und Satzidentifikation auch die Bildung von Kohärenz (d.h. das Schaffen von sinnvollen Zusammenhängen zwischen Wörtern in einem Text) umfasst, enthält das Modell auch eine Subjektebene und eine soziale Ebene. Motivationale Faktoren sowie das lesebezogene Selbstkonzept sind hier beispielsweise Komponenten der Subjektebene. Eine gelingende Anschlusskommunikation über das Gelesene ist der sozialen Ebene zuzuordnen (vgl. Rosebrock & Nix, 2008).

Eine weitere theoretische Grundlage ist die Methode der miscue analysis. Hierbei wird davon ausgegangen, dass Lesefehler Rückschlüsse auf die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern zulassen (Goodman, Watson & Burke, 2005).

b) empirische Fundierung

Beim Tool Lautleseprotokoll handelt es sich zwar um ein ökonomisches Screening, das unterstützende Informationen zur Leseflüssigkeit der Schülerinnen und Schüler einer Klasse liefern kann. Das Verfahren ist jedoch nicht normiert. So ist das Ergebnis der Testung auch vom Schwierigkeitsgrad des ausgewählten Textes sowie von der Kompetenz der Lehrkraft abhängig, die Lesekompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler angemessen zu erfassen, entsprechende Texte für das Leseprotokoll auszuwählen und zu interpretieren.

Mit welchen anderen Tools ist dieses Tool kombinierbar?

Lautleseverfahren (repeated reading; wiederholtes Lautlesen; chorisches Lesen)

Lautlesetandem

Lückentexte zur Einschätzung der Lesegeschwindigkeit

Alter: 7; 8; 9; 10; 11; 12; 13; 14; 15

Klassenstufe: 2; 3; 4; 5; 6; 7; 8; 9; 10

Verbünde, die dieses Tool nutzen:

Literaturhinweise

Clay, M. M. (1993). An observation survey of early literacy achievement. Portsmouth, NH: Heinemann.

Clay, M. M. (2000). Running Records for Classroom Teachers. Portsmouth, NH: Heinemann.

Goodman, Y. M., Watson, D. J. & Burke, C. L. (2005). Reading miscue inventory. From evaluation to instruction. Katonah, New York: Richard Owen Publishers.

Rathvon, N. R. (2004). Early reading assessment: A practitioner’s handbook. New York: Cuilford.

Rosebrock, C. & Nix, D. (2008). Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren.

Rosebrock, C., Nix, D., Rieckmann, C. & Gold, A. (2013). Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar‐ und Sekundarstufe. 2. Auflage. Seelze: Klett/Kallmayer.

Hinweis:
Bei den hier aufgeführten Verfahren handelt es sich keineswegs um eine erschöpfende Bewertung aller in BiSS verwendeten Verfahren oder gar sämtlicher verfügbarer Verfahren, sondern um einen VORLÄUFIGEN Stand, der diagnostische Tools berücksichtigt. Eine kriteriale Empfehlungsgrundlage für Förder-Tools wurde ebenfalls im Trägerkonsortium erarbeitet und ist in den Tabellen Qualitätscheck der Förderkonzepte und Förderinstrumente einsehbar.

Letzte Änderung am: 09.12.2021

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