Bild: A. Etges/Trägerkonsortium BiSS-Transfer

Erklärvideos zur Leseförderung

ico_calendar Created with Sketch. 16.01.2023

Wie können Lehrkräfte die Lesekompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler möglichst systematisch und wissenschaftlich fundiert fördern? Was genau bedeutet eigentlich „Lesekompetenz“? Und wie gibt man Kindern differenziertes Feedback zu ihren Lesefähigkeiten? Antworten auf diese Fragen liefern Erklärvideos, die das Team des Forschungsprojekts „Systematische Leseförderung in der Grundschule“ (Lese-BiSS) seit 2021 veröffentlicht. Damit unterstützt das Team Lehrkräfte und Schulen dabei, eine systematische und wissenschaftsbasierte Leseförderung umzusetzen.

Forschungswissen – verständlich erklärt

Insgesamt sind 18 Videos auf der Website der Universität Münster und auf YouTube verfügbar. In den Videos erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an der Universität Münster forschen, Schritt für Schritt, wie eine systematische Leseförderung funktioniert und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse ihr zugrunde liegen. Begriffe aus der Forschung stellen sie dabei in verständlicher Sprache dar. So erläutern die Forschenden beispielsweise in dem Video „Was ist Lesekompetenz?“, was eigentlich passiert, wenn wir Wörter und Sätze lesen, und welche Rolle Worterkennung, Lesegenauigkeit und Lesegeschwindigkeit dabei spielen. In einem anderen Video stellen sie vor, wie Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern Feedback zu deren Lesekompetenz geben können, und worauf sie dabei achten sollten. Die Aussage „Dir fällt das Lesen schwer“ beispielsweise, so die Forschenden in dem Video, ist wenig hilfreich für die Schülerinnen und Schüler. Vielmehr sollten Lehrkräfte differenziert auf einzelne Lernprozesse oder Teilfähigkeiten eingehen, z. B. indem sie einem Kind folgende Rückmeldung geben: „Dir fällt es noch schwer, Buchstaben zu Silben zusammenzusetzen.“ Auf dieser Grundlage können konkrete Leseübungen wie zum Beispiel das silbenbasierte Lesen abgeleitet werden. Solche konkreten Hinweise für Lehrkräfte sind in vielen der Videos enthalten. Außerdem wird jeweils die Literaturquelle angezeigt, auf die sich ein Hinweis oder eine Aussage bezieht. So können sich die Zuschauerinnen und Zuschauer bei Bedarf tiefer mit einem Thema auseinandersetzen.

Videos ergänzen Fortbildungen

Die Erklärvideos sind Teil des umfassenden Leseförderprogramms „di2Lesen – Leseförderung und Lernverlaufsdiagnostik“. Dieses Programm wurde in der Arbeitseinheit „Diagnostik und Evaluation im schulischen Kontext“ der Universität Münster entwickelt. Derzeit erforscht die Arbeitsgruppe im Rahmen der Initiativen BiSS-Transfer und „Leistung macht Schule“ (LeMaS), wie der Transfer des Programms in die Praxis gelingen kann. Die Fortbildung und Begleitung der Lehrkräfte, die das Programm einsetzen, ist dabei zentral – denn nur so lässt sich absichern, dass die Leseförderung so umgesetzt wird, wie es das Konzept vorsieht. Als Fortbildungsformat wurde – wie in allen Projekten des Forschungsnetzwerks von BiSS-Transfer – „Blended Learning“ gewählt, eine besonders effektive Kombination aus synchronen Fortbildungen und E-Learning-Phasen. Die Erklärvideos werden sowohl in den Fortbildungen als auch im Unterricht eingesetzt. Die Lehrkräfte können sie aber auch unabhängig davon jederzeit nutzen, um zu erfahren, wie eine Methode konkret durchgeführt wird.

Das Leseförder-Programm „di2Lesen“

Das Leseförder-Programm „di2Lesen – Leseförderung und Lernverlaufsdiagnostik“ besteht aus drei Bausteinen. Es umfasst die Übungsmaterialien „Der Lese-Sportler“, die mehrmals pro Woche für 20 Minuten im Unterricht eingesetzt werden. Die Materialien enthalten Übungen zur Lesegenauigkeit, zur Lesegeschwindigkeit und zum Leseverständnis. Damit Lehrkräfte die Materialien differenziert, also passend zum jeweiligen Lernstand eines Kindes einsetzen können, gehört außerdem die Lernverlaufsdiagnostik quop zu dem Programm. Dieses Diagnosetool ermöglicht es, für jedes Kind den Lernverlauf im Lesen individuell zu erfassen und das Kind mit Hinweisen und Übungen zu unterstützen, die seinem Lernstand entsprechen. Schließlich gibt es noch den Baustein „Feedback“: Damit lernen Lehrkräfte, wie sie Kindern differenziertes Feedback zu ihrer Leseleistung geben und passende Übungsmöglichkeiten anbieten können.

„di2Lesen“ wurde von einem Team der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster entwickelt. Die Erklärvideos sind dabei Teil von Blended-Learning-Fortbildungen für Lehrkräfte und sollen die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse an die Lehrenden unterstützen.

Diagnosebasiertes Training

Dass das Forschungsteam ein so umfangreiches Leseförderprogramm entwickelt hat, ist auf Forschungsbefunde zur Leseförderung zurückzuführen. So sind sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zum Lesen forschen, einig darin, dass sich ein regelmäßiges Training der Leseflüssigkeit positiv auf das Leseverständnis auswirkt. Denn wenn das Lesen flüssig und automatisch abläuft, sind mehr Kapazitäten dafür frei, den Inhalt des Gelesenen zu erfassen. Gleichzeitig scheint der Erfolg von Leseförderung auch davon abzuhängen, inwieweit jedes Kind in seinem individuellen Lernstand abgeholt und gefördert wird. So legen Forschungsergebnisse nahe, dass sich etwa für ein Kind, das noch nicht flüssig liest, bestimmte Übungen weniger gut eignen als für ein Kind, das schon flüssiger lesen kann. Das Forschungsteam hat daher das Leseförderprogramm mit dem digitalen Tool quop kombiniert, einer Lernverlaufsdiagnostik, mit der Lehrkräfte über einen längeren Zeitraum die Leseleistungen jedes Kindes erfassen können. Auf der Basis der Förderempfehlungen von quop können sie dem Kind stetig passende Leseübungen geben.

Ziel des Forscherteams ist es, mit „di2Lesen“ eine Brücke zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und schulischer Praxis zu schlagen und dazu beizutragen, dass wirksame Leseförderkonzepte breitflächig angewendet werden. Denn Bestandsaufnahmen zur schulischen Praxis zeigen, dass das noch nicht der Fall ist. Noch bis 2025 erforscht und evaluiert das Team die Wirkung des Programms auf die Leseleistungen der Schülerinnen und Schüler sowie die Faktoren, die zu einer erfolgreichen Implementation in den Schulen beitragen. Die Erklärvideos leisten unabhängig davon schon jetzt einen wichtigen Beitrag zum Transfer von Forschungswissen in die Praxis.

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