Instrument zur Erfassung grammatischer Fähigkeiten in der 3. und 4. Jahrgangsstufe (INGA 3-4)

Jennifer Paetsch, Annkathrin Darsow, Anja Skibbe und Petra Stanat

DiagnosePrimarstufe

Kurzbeschreibung

Preis: Manual 68 Euro. (Details)

Das Instrument zur Erfassung grammatischer Fähigkeiten in der 3. und 4. Jahrgangsstufe (INGA 3-4) ist ein standardisierter Test, der die produktiven grammatischen Fähigkeiten erfasst. Durch das Tool soll über sechs Untertests der individuelle Sprachentwicklungsstand von Grundschulkindern im Bereich der Grammatik diagnostiziert werden. Das Tool richtet sich an pädagogische Fachkräfte, die mit ein- oder mehrsprachigen Kindern in der dritten oder vierten Klasse der Grundschule arbeiten. Eine Besonderheit des Testverfahrens liegt darin, dass Normen sowohl getrennt für ein- und mehrsprachige Kinder sowie auch getrennt nach Geschlecht vorliegen.

Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 07.02.2024

Qualitätscheck als Diagnostik-Tool:
(Für Erläuterungen mit der Maus auf die Zahlen und Punkte zeigen.)

Bildungsetappe Zielbereich Altersgruppe Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Erfüllung der Gütekriterien
Primar 3 8 bis 11 grüner Punkt grüner Punkt grüner Punkt
grüner Punkt Das Verfahren entspricht den Minimalstandards. Da es sich um ein Testverfahren/Screening handelt, wird eine Anwendung als Einzeltest nur durch diagnostisch geschultes Personal empfohlen. Eine Anwendung als Gruppentest kann aufgrund der hohen Standardisierung und automatischen Auswertung durch Lehrkräfte erfolgen.

Welches Ziel hat das Tool?

Bei dem Tool INGA 3-4 handelt es sich um ein Diagnostikverfahren, mit dem die produktiven grammatischen Fähigkeiten von Kindern der 3. und 4. Jahrgangsstufe getestet werden können. Es beinhaltet sechs detailliert ausgearbeitete Untertests zu den Bereichen Relativpronomen, Konjugation von Verben, Wortstellung, Deklination von Artikeln und Personalpronomen, wobei sich der Test für die 3. Jahrgangsstufe in einem Untertest von dem der 4. Jahrgangsstufe unterscheidet. Lehrkräfte, Sprachbildungskoordinatorinnen und -koordinatoren sowie Sprachhelferinnen und -helfer können mit dem INGA 3-4 den Entwicklungsstand der produktiven grammatischen Kompetenzen sowohl einzelner Schülerinnen und Schüler als auch mehrerer Kinder im Gruppenverfahren überprüfen.

Das Tool eignet sich im Primarbereich für den Einsatz im Modul P2 „Intensive sprachstrukturelle Förderung“.

Für welches Vorhaben kann das Tool eingesetzt werden?

Mit dem Instrument zur Erfassung grammatischer Fähigkeiten (INGA 3-4) lassen sich produktive Grammatikkompetenzen von Kindern der dritten und vierten Jahrgangsstufe der Grundschule erfassen. Das Tool beinhaltet die Themenbereiche Relativpronomen, Konjugation von Verben, Wortstellung, Deklination von Artikeln und Personalpronomen. Es kann sowohl mit einzelnen Kindern wie auch im Gruppenverfahren, also mit der ganzen Klasse, durchgeführt werden. Das Tool ist sowohl für Schülerinnen und Schüler, die monolingual deutschsprachig aufwachsen, als auch für mehrsprachige Schülerinnen und Schüler konzipiert. Es kann Lehrkräfte, Sprachbildungskoordinatorinnen und Sprachbildungskoordinatoren, sowie Sprachhelferinnen und Sprachhelfer bei der Ermittlung produktiver grammatischer Fähigkeiten der Kinder unterstützen.

Mehrsprachigkeit wurde bei der Entwicklung dieses Tools besonders berücksichtigt. So wurde INGA 3-4 vor allem mit Blick auf mehrsprachige Kinder entwickelt. Hierbei wurde zusätzlich zwischen Kindern mit Deutsch als Zweitsprache und bilingualen Kindern unterschieden. Erlernt ein Kind zunächst eine andere Sprache als Deutsch und das Deutsche erst nach dem dritten Lebensjahr, wurden diese unter der Kategorie Deutsch als Zweitsprache zusammengefasst. Bilinguale Kinder hingegen erwerben in der Regel innerhalb der ersten drei Lebensjahre zeitgleich mehrere Sprachen.

Wie funktioniert das Tool?

Bei dem Tool Instrument zur Erfassung grammatischer Fähigkeiten (INGA 3-4) handelt es sich um ein Diagnosetool. Es kann sowohl mit der gesamten Klasse wie auch mit einzelnen Schülerinnen oder Schülern durchgeführt werden. Die Autorinnen geben für jeden der sechs beinhalteten Untertest genaue Durchführungshinweise. Jeder Untertest soll auf 4,5 bis 9 Minuten beschränkt sein. Insgesamt sind für die Durchführung 45 Minuten vorgesehen.

Dieses Tool besteht aus insgesamt sechs Untertests, die auf die Konjugation von Verben, die Deklination von Artikeln, die Wortstellung, Relativpronomen, Personalpronomen (nur 3. Jahrgangsstufe) und Satzverbindungen (nur 4. Jahrgangsstufe) zielen. Der Test für die 3. Klasse unterscheidet sich also in einem Untertest von dem Test der 4. Klasse. Allgemein sind alle Untertests nach dem gleichen Muster aufgebaut. Jeder beinhaltet zwölf Aufgaben. Folgende Untertests sind in Jahrgangstufe 3 und 4 identisch:

Im Untertest Konjugation von Verben sollen die Kinder unregelmäßige Verben in Sätzen richtig konjugieren und so die Lücken eines Lückentextes füllen. Das Verb erschließt sich aus dem vorangehenden Satz und wird nicht im Infinitiv vorgegeben. Zwischen den zwölf Aufgaben wechseln Person und Numerus der Formen ebenso wie das Tempus (Präsens, Perfekt, Präteritum). Hierbei werden viermal Präsens, fünfmal Präteritum und dreimal Perfekt verlangt. Damit nimmt dieser Untertest Bezug auf unterschiedliche Erwerbsphasen grammatischer Phänomene.

Im Untertest Deklination von Artikeln vor Substantiven wird mit zwölf Aufgaben die Kasusflexion nach Präpositionen und nach Verben getestet. Hierbei werden ausschließlich Akkusativ und Dativ gefordert, der Genitiv nicht. Auch hier ist die Aufgabe einen Lückentext korrekt auszufüllen.

Anhand des Untertests Wortstellung wird das Wissen bezüglich der Wortstellung getestet (Verbklammer, Inversion, Nebensätze). Die Sätze enthalten vier bis sieben Satzglieder. Es wurde ein Aufgabenformat gewählt, bei dem die Kinder nicht schreiben, sondern lediglich Satzglieder miteinander verbinden müssen. Dadurch wird die Schreibfähigkeit nicht mit überprüft. Das erste Satzglied ist durch einen Pfeil vorgegeben.

Der Untertest zu Relativpronomen beinhaltet zwölf Aufgaben, die in Kasus, Numerus und Genus variieren. In einem Lückentext sollen die Relativpronomen in ihrer passenden Form eingesetzt werden. Laut Autorinnen liegen bislang keine Erkenntnisse zu Erwerbssequenzen in diesem Bereich vor, aufgrund der Erfahrungen im Bereich des Kasuserwerbs kann aber wohl davon ausgegangen werden, dass durch die Verwendung verschiedener Kasusformen die Anforderungen der Aufgaben variieren. Die Relativpronomen, die eingesetzt werden können, werden in der Aufgabe vorgegeben.

Das INGA 3-4 unterscheidet sich in Jahrgangsstufe 3 und 4 in einem Untertest. So wird der Untertest Personalpronomen nur in der 3. Jahrgangsstufe durchgeführt. Hier werden mit zwölf Aufgaben verschiedene Singular- und Pluralformen mit jeweils unterschiedlicher Person und unterschiedlichem Genus über einen Lückentext überprüft. Die Pronomen stehen entweder im Akkusativ oder im Dativ.

Der Untertest Satzverbindungen wird hingegen ausschließlich in der 4. Jahrgangsstufe angewandt. Es wird in den Aufgaben ein breites Spektrum an Satzverbindungen gefordert, sowohl häufig vorkommende (z.B. als und weil) als auch seltener vorkommende (z.B. trotzdem oder sondern). Diese Satzverbindungen werden in der Aufgabenstellung nicht vorgegeben. Es wird also ein gewisses Maß an Vorwissen bezüglich der inhaltlichen Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Sätze vorausgesetzt. Aufgrund dieser Anforderung wird dieser Untertest nur in der vierten Jahrgangsstufe eingesetzt.

Anhand des Lösungsschemas lassen sich die Antworten der Kinder im Testheft überprüfen. Als Ergebnis ergibt sich ein Rohwert für jedes Kind, welcher anschließend in einen zugehörigen Prozentrang umgerechnet werden kann. Normen zur Einordnung des Testergebnisses liegen sowohl getrennt für ein- und mehrsprachige Kinder sowie auch getrennt nach Geschlecht vor.

Was wird benötigt, um das Tool umzusetzen?

Material: Die Testhefte für die jeweilige Jahrgangsstufe können mit der Kopiervorlage erstellt oder unter www.waxmann.com/buch4145 heruntergeladen werden. Zuvor muss allerdings das Manual erworben werden. Die einzelnen Seiten sollten geheftet werden. Die Testleiterinnen und Testleiter sollten mit der Instruktion für die jeweilige Jahrgangsstufe sowie einer Stoppuhr ausgestattet sein.

Schulung: Für ausgebildete Fachkräfte ist eine zusätzliche Schulung nicht notwendig. Testanwenderinnen und Testanwender sollten sich mit den Instruktionsanweisungen vertraut gemacht haben.

Zugänglichkeit: Das Testhandbuch (Manual) ist im Buchhandel (ISBN 978-3-8309-4145-3) oder direkt beim Waxmann Verlag erhältlich (s. Links). Nachdem das Manual erworben wurde, können die Testhefte und das Auswertungsblatt für das Ergebnisprofil als Kopiervorlage heruntergeladen werden.

Durchführungsdauer: Die gesamte Durchführung dauert in etwa 45 Minuten.

Auswertung: Mit Hilfe des Auswertungsbogens kann der Rohwert eines ausgefüllten Testheftes bestimmt werden. Daraus erschließt sich dann der zugehörige Prozentrang aus dem Handbuch.

Kosten: Das Testhandbuch ist für 68 Euro im Handel erhältlich.

Wie ist das Tool a) theoretisch b) empirisch fundiert?

a)       Theoretische Fundierung:

Das INGA 3-4 wurde 2020 von Jennifer Paetsch, Annkathrin Darsow, Anja Skibbe und Petra Stanat entwickelt. Es entstand im Rahmen des Projekts Bedeutung und Form. Fachbezogene und sprachsystematische Förderung in der Zweitsprache (BeFo) an der Humboldt- Universität zu Berlin. Die Entwicklung der Aufgaben erfolgte theoriegeleitet auf Grundlage von Entwicklungssequenzen bestimmter grammatischer Bereiche (z.B. Apeltauer, 1997; Grießhaber, 2007). Diese beziehen sich auf die Themengebiete Relativpronomen, Konjugation, Wortstellung, Deklination, Personalpronomen und Satzverbindungen. Unterschiede bei der Entwicklung ein- bzw. mehrsprachiger Kinder wurden ebenfalls berücksichtigt. Um so weit wie möglich keine anderen Fähigkeiten als Grammatikkompetenzen zu erfassen, wurde der Schreibaufwand zur Lösung der Aufgaben sehr geringgehalten. Der im Test verwendete Wortschatz wurde laut Autorinnen recht einfach und an verschiedenen Lebensbereichen der Kinder angelehnt ausgewählt.

Ziel der Autorinnen war die Entwicklung eines reliablen und validen Instruments, dessen Einsatz nicht länger als eine Stunde dauert und das als Gruppenverfahren durchführbar ist. Zudem erfolgte eine begründete Auswahl von Strukturen, deren Aneignung Kindern mit Deutsch als Zweitsprache Schwierigkeiten bereiten und die gleichzeitig auch für Kinder mit Deutsch als Erstsprache eine Herausforderung darstellen können. Die Auswahl basiert auf dem aktuellen Forschungsstand und auf Erfahrungen aus dem BeFo Projekt, in dem der Test entstanden ist.

Das Tool kann als theoretisch fundiert gelten.

b)      Empirische Fundierung:

Das Manual enthält Angaben zu Stichprobe, Normierung, Objektivität, Reliabilität und Validität. Die wissenschaftlichen Gütekriterien der Normierung, Objektivität und Reliabilität sind erfüllt.

Die Normen für das INGA 3-4 basieren auf der Testung von 2753 Kindern der 3. und 4. Jahrgangsstufe. Eine Besonderheit des Testverfahrens liegt darin, dass Normen sowohl getrennt für ein- und mehrsprachige Kinder sowie auch getrennt nach Geschlecht vorliegen.

Das Gütekriterium der Objektivität ist bei genauer Beachtung der Durchführungshinweise gewährleistet, eine genaue und klare standardisierte Anleitung zur Durchführung und Auswertung sind vorhanden. Um eine objektive Auswertung zu gewährleisten und da nur die grammatischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler relevant sein sollen, werden phonetische Fehler in der Schreibung nicht berücksichtigt. Das Tool enthält ein Lösungsschema der phonetischen Fehler, die vorkommen könnten.

Die Reliabilität wurde bei INGA 3-4 durch die interne Konsistenz bestimmt. Die interne Konsistenz liegt bei .94 für die 3. Jahrgangsstufe und .93 für die 4. Jahrgangsstufe und erreicht somit sehr gute Werte. Für die einzelnen Untertests variiert sie zwischen .69 (Satzverbindungen) und .86 (Deklination), was als zufriedenstellend bis gut zu bewerten ist.

Um die kriteriumsbezogene Validität vom INGA 3-4 zu prüfen, wurden mit einer zufälligen Auswahl an Kindern der Normierungsstichprobe Untertests etablierter Testverfahren im Bereich des Textverständnisses, der Sprachproduktion sowie des Wortschatzes, wie etwa der Untertest Textverständnis des Ein Leseverständnistest für Erst- bis Sechstklässler (ELFE 1-6, Lenhard & Schneider, 2006) und der Untertest Satzbildung, Bereich Sprachproduktion des Sprachstandserhebungstests für Kinder im Alter zwischen 5 und 10 Jahren (SET 5-10, Petermann, 2010), durchgeführt. Zur Ermittlung des Zusammenhangs wurden die Ergebnisse der zusätzlichen Tests jeweils mit den Ergebnissen von INGA 3-4 korreliert, um den Zusammenhang zwischen den Leistungen der Kinder im INGA 3-4 und den Leistungen der Kinder in anderen Testverfahren zur Erfassung sprachlicher Kompetenzen zu überprüfen. Der Korrelationskoeffizient variiert zwischen .84 und .56. Hingegen unterscheiden sich die im INGA 3-4 erzielten Leistungen der Kinder von ihren Leistungen in Tests zur Erfassung allgemeiner kognitiver sowie mathematischer Fähigkeiten. Dies spricht für eine Abgrenzung zu Verfahren, die ein anderes Konstrukt erfassen, und folglich für die diskriminante Validität des Verfahrens.

Die empirische Fundierung des Tests kann als gegeben angesehen werden.

Alter: 8; 9; 10; 11

Klassenstufe: 3; 4

Links:

Bestellmöglichkeit und weitere Informationen zum Handbuch:

https://www.waxmann.com/waxmann-buecher/?tx_p2waxmann_pi2%5bbuchnr%5d=4145&tx_p2waxmann_pi2%5baction%5d=show [07.02.2024]

Überblick über die Konzeption und Umsetzung der fachbezogenen Sprachförderung im BeFo-Projekt

https://www.fachportal-paedagogik.de/literatur/vollanzeige.html?FId=1003899 [07.02.2024]

Literaturhinweise

Apeltauer, E. (1997). Kasusmarkierungen als Sprachstandsindikatoren. Lernen in Deutschland – Zeitschrift für interkulturelle Erziehung 17 (2), 118-133.

Grießhaber, W. (2007). „Und wir faren in die andere seite“: Der Gebrauch lokaler Präpositionen durch türkische Grundschüler. In K. Meng & J. Rehbein (Hrsg.), Kindliche Kommunikation – einsprachig und mehrsprachig (S. 371-393). Münster: Waxmann.

Lenhard, W., & Schneider, W. (2006). ELFE 1-6. Ein Leseverständnistest für Erst- bis Sechstklässler. Göttingen: Hogrefe.

Paetsch, J., Darsow, A., Skibbe, A., Stanat, P. (2020). Bildungsbezogene Sprachtests, Band 1: INGA 3-4 – Instrument zur Erfassung grammatischer Fähigkeiten in der 3. und 4. Jahrgangsstufe.

Petermann, F. (2010). SET 5-10. Sprachstandserhebungstest für Kinder im Alter zwischen 5 und 10 Jahren. Göttingen: Hogrefe.

Letzte Änderung am: 07.02.2024

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